„Ich wollte mir beweisen, dass ich es schaffe“
Erst nach acht leidvollen Jahren bekommen die Beschwerden einen Namen: schubförmig remittierende Multiple Sklerose, kurz MS. Die Diagnose bringt Klarheit, jedoch noch keine Besserung für Betty. Im Rahmen der ersten Therapien erleidet sie einen epileptischen Anfall, liegt zeitweise sogar im Koma. Doch Betty ist eine Kämpferin und gibt nicht auf. Dank eines Therapiewechsels, Bettys täglicher Motivation und Kraft ist es ihr gelungen, der Krankheit erfolgreich die Stirn zu bieten.
„Als damals alles anfing, war ich die schnellste Läuferin der Schule, habe Ehrenurkunden bekommen – und dann merkte ich, wie ich zugrunde gehe. Meine Beine trugen mich kaum noch, ich traute mich nicht, meinem Umfeld zu sagen, wie schwer der Alltag für mich war. Ich wollte den Ernst der Lage auch selbst einfach nicht erkennen“, erinnert sich Betty. Zahlreiche ärztliche Untersuchungen bleiben ohne Befund. Im Jahr 2014 bringt Betty ihre Tochter Amara auf die Welt. Obwohl ihr Herz vor Glück überschwappt, beginnt für sie die wohl schmerzhafteste Phase der MS. „Mein Körper zuckte beim Laufen. Ich verlernte, wie man Knöpfe zumacht, genierte mich aber, Hilfe anzunehmen. Ich war in meinem Körper gefangen, körperlich und psychisch am Ende“. In dieser Zeit verliert die damals alleinerziehende Mutter ihre Wohnung und ihre Tochter muss in eine Pflegefamilie. „Ich zog zurück zu meiner Mutter, konnte kaum noch aus dem Bett aufstehen und war auf einen Rollstuhl angewiesen“, erzählt Betty rückblickend.
Bettys Kampf mit der MS
„Die Aussicht, nie mehr laufen zu können, war damals mein Wendepunkt. Ich wollte mir beweisen, dass ich es schaffe. Meinem Kind und mir selbst zuliebe.“ In der nächsten Zeit kämpft Betty sich Stück für Stück wieder zurück ins Leben und aus dem Rollstuhl: Sie trainiert trotz Schmerzen täglich auf dem Laufband, zieht in eine neue Wohnung und schon bald darf sie ihre Tochter wieder in den Armen halten. Nur noch für ihre Einkäufe benötigt sie den elektrischen Rollstuhl, zu Hause hat sie einen Rollator.
Erst im Jahr 2017, nach 8 Jahren Leidensweg, erfährt Betty, was mit ihr los ist und erhält die Diagnose MS. „Zuerst war ich erleichtert, endlich Bescheid zu wissen. Doch dann wurde mir plötzlich klar, dass MS unheilbar ist. Ich wurde wütend, traurig, hilflos“, berichtet Betty. Auch die Zeit nach der Diagnose ist keine leichte. Betty kämpft nicht nur mit den weiter anhalten MS-bedingten Beschwerden, sondern auch mit Nebenwirkungen der ersten Therapien, liegt aufgrund eines epileptischen Anfalls sogar zeitweise im Koma.
Happy End – trotz MS
Bis heute hat sich Bettys Gesundheitszustand dank eines Therapiewechsels stark verbessert. „Ich erhalte jetzt eine Immuntherapie. Die positiven Effekte habe ich schon drei Monate nach der ersten Behandlung gespürt. Ich hatte mehr Kraft, konnte wieder länger stehen“, erklärt Betty. Dass es ihr heute so viel besser geht, führt sie auch auf ihr tägliches Training auf dem Laufband zurück. „Anfangs schaffte ich 30 Sekunden, dann zwei Minuten. Die Schmerzen wurden schlimmer, aber ich blieb dran. Mittlerweile schaffe ich es, eine halbe Stunde zu gehen. Es sieht nicht sexy aus, aber das ist nicht wichtig“, berichtet die junge Mutter aus Lörrach.
Heute ist Betty glücklich mit ihrem Mann Francesco (37) verheiratet und hat im März 2020 einen gesunden Sohn geboren. „Natürlich spüre ich die MS noch immer, aber ich sperre mich jetzt nicht mehr ein, sondern genieße das Leben mit zwei Kindern und mache ganz normale Dinge, fahre in Urlaub und liebe es, Auto zu fahren. Ich lasse mich von meiner Krankheit nicht herunterziehen. Ich bleibe ich – trotz MS“, so Betty.
Ihre Erfahrungen möchte sie auch mit anderen Betroffenen teilen und ihnen Mut machen, sich der Krankheit zu stellen und nicht aufzugeben. Auf www.IchBleibeIch.de gibt Betty weitere Einblicke in ihr Leben. Ihre Botschaft: „Es gibt immer ein Hoch und Runter, aber lass dich niemals von deiner Krankheit unterkriegen und bleib trotz MS du selbst.“
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